Seltsame Dinge . . .

Melodram

Mal Seh’n Kino, Frankfurt a.M., 2018

1927 veröffentlichten Hans Erdmann und Giuseppe Becce das Allgemeine Handbuch der Film-Musik. Hierin systematisieren sie in einer mehr-gliedrigen Einteilung rund 3000 “Samples”, also 4-5-taktige Auszüge unterschiedlicher Musikliteratur zu einer Art Zettelkasten. Das Allgemeine Handbuch ordnet anhand von Motiven wie Bange Nacht, Drohendes Unheil, Jähes Entsetzen etc. Die expressiv verdichteten musikalischen Einhieten korrespondieren mit dem gestischen Ausdruck des frühen deutschen Kinos. Das aufgerissene Auge, der stumme Schrei, die sich in den Vorhang krallende Hand sind Stellvertreter einer Fiktionalität, die es auf die Realität des eigenen Lebens zum Ende der 1920er Jahre zu beziehen gilt.

Seltsame Dinge… ersetzt das Stummfilmbild durch metaphorische Verkündungen der allgemeinen politischen Lage. Ein Schriftfilm ruft äußerst (be)drohende Phrasen einer dystopischen Sicht auf den Zustand der Erde, unserer Demokratie und unserer aktuellen demographischen Veränderungen auf. Die live gespielte Kompilation musikalischer Zitate des Grauens wird mit verdichteten Schrifttafeln verbunden, die Anklänge an Äußerungen despotischer Staatsmänner, politischer Parolen, Songtexte, filmischer Endzeit-Szenarien und literarischer Abentuerberichte heraufbeschwören.

Ein solches Melodrama evoziert — ohne das Angebot einer Narration oder klaren Bildfolge — ein eigenartiges Gefühl von und des Umgangs mit Bedrohung und tiefer Unsicherheit, das fatal an die alten Germansimen von Angst und Weltschmerz erinnern.

Regie & Konzept: Friederike Thielmann, Julia Krause, Pianist: Jacob Bussmann, Cape: Katja Quinkler, Special effect: Ralf Heinze

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Produziert im Rahmen und mit Unterstützung des Festivals implantieren 2018. Eine Kooperation mit dem Mal Seh’n Kino, Frankfurt a.M. Finanziert durch das Kulturamt der Stadt Frankfurt.

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